Spurensuche im Wauwilermoos - Zweiter Ausflug pensionierter VPOD-Mitglieder Zentralschweiz

Von: Hans-Peter Hug

Am 19. September 2023 fuhren 11 pensionierte VPOD-Mitglieder mit dem Rottaler nach Ettiswil. Ab dort war dann die Gruppe mit den 14 Angemeldeten komplett. Besonders erfreulich: Sogar aus dem autochthonen Ägerital hatten zwei aufgeschlossene VPODler den Weg nach Ettiswil geschafft.

Die Gruppe posiert bei der Pfahlbausiedlung Wauwil.

Nach einer Stärkung im Rössli ging es zur Sakramentskapelle, wo wir auf den Altarbildern und den Fresken aus dem 15. Jahrhundert von Anna Vögtlin erfuhren. Die Zugewanderte und Aussenseiterin wurde im Geflecht von sozialer Ächtung, Volksfrömmigkeit und Feudalherrschaft als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Danach wanderten wir zur Hostris-Moräne und blickten über das Wauwilermoos, stellten uns die eiszeitliche Vergletscherung, den danach entstandenen See und dessen Trockenlegung im 19. Jahrhundert vor. Auf dem Weg durch das Moos zur Ron konnten wir uns ein Bild der fruchtbaren Torf-Böden und der zum Teil intensiven landwirtschaftlichen Nutzung machen. Eingebettet in die Landwirtschaft gibt es ein Naturschutzgebiet mit Wasserflächen, das als Lebensraumverbundsystem mit Hecken und ökologischem Anbau von Kulturpflanzen über seinen begrenzten Raum hinauswirkt. Wir bestaunten Vegetation und Vögel und erfuhren, dass im Wauwilermoos mittlerweile wieder 60 Paare Kiebitze brüten und sich bestens gegen Raubvögel zu verteidigen wissen.
Die weiteren Zwischenhalte: Das ehemalige Internierten-Straflager (1941 – 46), in welchem äusserst menschenunwürdige Verhältnisse herrschten und an welches bei der heutigen Justizvollzugsanstalt ein Gedenkstein erinnert. Die offene JVA Wauwilermoos ist heute eine moderne Institution, die den grössten Biohof des Kantons mit Hofladen führt. In der rekonstruierten Pfahlbausiedlung machten wir uns über das Leben in der Jungsteinzeit kundig.
Nach einer weiteren Stärkung im Egolzwiler Dorfkaffee kamen wir im gegenwärtigen Wauwil an. Wir konnten nachvollziehen, wie sich das einstige Bauerndorf zum Industriestandort der Glashütte AG mit eigener Sandgrube und reichlich Torf aus dem Moos wandelte. Ein Luzerner „Grossgrundbesitzer“ (Selbstbezeichnung in der Luzerner Zeitung vom 7. 10. 2007) mit patrizischen Wurzeln kaufte nach dem industriellen Niedergang in den 1990er-Jahren das Areal der Glasi und investierte sein Geld in Beton. Wauwil gehört heute zu den Luzerner Gemeinden mit dem grössten Bevölkerungswachstum, vor allem wegen der Verkehrsanbindung (Bahn und nahe Autobahnanschlüsse) und der Aussicht auf den zwar nicht mehr vorhandenen See, doch über das weite Moos bis in die Berner Alpen. Das veränderte Dorfbild mit architektonisch nicht immer überzeugenden Bauten ist ein Ergebnis davon.

Es waren vergnügte, neugierige und gesprächsfreudige VPODler*innen, die sich von der Wanderung durch den Natur- und Kulturraum zu Diskussionen über viele und vielfältige Themen anregen liessen. Es war schön zu erleben, wie sich Gewerkschafter*innen, die sich zum Teil noch nie begegnet waren, den Austausch über die Berufsgruppen hinweg schätzten. Deutlich wurde auch, dass das Sensorium für Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten, gesellschaftlichen Wandel und Umweltfragen die Teilnehmenden verbindet – so sieht gewerkschaftliche Solidarität auch aus! Der im letzten Jahr von Ruth Miksovic zum ersten Mal organisierte Anlass dürfte also aufgrund des diesjährigen Erfolgs auch im 2024 stattfinden, z. B. im Ägerital.