Das Pflegepersonal zahlt die Zeche

Von: Otto Kümin

Die Zahl der Hochbetagten in der Schweiz ist wachsend, viele von ihnen lassen sich zuhause pflegen, wollen möglichst lange unabhängig und selbstbestimmt leben. Steigend ist durch diese Entwicklung auch der Pflegebedarf dieser Altersgruppe. Und wer bezahlt?

Für Dr. Karin Schwiter, wiederkandidierende SP-Kantonsrätin aus Lachen, ist der Fall klar: „Nachdem die Privatwirtschaft nach dem Gesundheits- nun auch den Pflege-Sektor als Marktfeld entdeckt hat, ist es vor allem das Pflegepersonal, an welchem gespart wird, damit Gewinne erzielt werden können.“ Schwiter, Forschungsleiterin am Geografischen Institut der Uni Zürich, berichtete am öffentlichen vpod-SZ-Anlass „Langzeitpflege im Alter - Lebensqualität versus Kosten“ von eindeutigen Ergebnissen ihrer Untersuchungen zu Arbeit und Migration: Sowohl in Privathaushalten wie auch in privaten Spitexorganisationen wird vermehrt versucht, „billige“ Pflegekräfte vor allem aus den europäsichen Ostländern zu rekrutieren. Billig seien diese in der Regel weiblichen Angstellten, weil grundsätzlich nur ein minimalster Grundlohn bezahlt werde. Vor allem aber, weil häufig erwartet werde, dass eine 24-Stunden-Präsenz ohne zusätzliche Vergütung zu leisten sei. Weg-Zeiten und Schicht-Arbeit werden nicht entschädigt, die Arbeitspensen sind teilweise absurd zerstückelt, ein Minimalpensum nicht garantiert und Arbeit auf Abruf grassiert. „Im Graubereich der Langzeitpflege florieren prekäre Arbeitsverhältnisse“, so Karin Schwiters Fazit.

Achtung Ethik-Falle

Elvira Wiegers, vpod-Zentralsekretärin im Bereich Gesundheit, beleuchtete, wie die teilweise ungesetzlichen Arbeitsbedingungen im Privatsektor auch öffentliche Spitex-Institutionen unter Druck setzen. So zum Beispiel im Kanton Solothurn, wo Spitexleistungen öffentlich ausgeschrieben werden, ohne dass vorher genaue und vergleichbare Kriterien oder Kontroll-Mechanismen definiert worden sind. Sie warnte auch vor der Ethik-Falle, in die sich Pflegende häufig begeben: Eigentlich müsste der steigende Druck, der Zwang zum genauen Rapportieren jeder Handreichung „minütelen statt pflegen“ auf Kosten der Zuwendung zu den Gepflegten gehen. Das würden aber viele Pflegende nicht verantworten und sich so in einen ethisch-moralischen Stress begeben. Wiegers betrachtet es als problematisch, mit Privatisierungen, Wettbewerb und Verschlechterungen der Arbeits- und Weiterbildungsverhältnisse Kosten zu sparen. Dies „macht zuerst die Pflegenden krank und letztlich leiden die Gepflegten.“

Gute Pflege - würdiges Alter

In der abschliessenden Diskussion forderten sowohl vpod-SZ Präsidentin Ruth Miksovic-Waldis wie auch der Schübelbachner CVP- Fürsorge- und Altersfragenpräsident Josef Bruhin den unbedingten Erhalt der Pflege-Qualität durch flankierende Massnahmen wie zum Bespiel einen Pflege-Gesamtarbeitsvertrag GAV oder kontrollierte einheitliche Standards und Leistungs-Transparenz über Gemeindegrenzen hinweg. Und vor allem das Bewusstsein, dass nebst der Kostenbetrachtung nur ganzheitliche Massnahmen, Wohnformen und Unterstützungsangebote (angestrebt etwa in der Charta „Pro Alter March“) ein würdiges Alter garantieren.

Im Umfeld des Themenabends bestätigte die vpod-SZ Generalvesammlung Ruth Miksovic, Museumsangestellte, Goldau, als Präsidentin, Vesna Horg, FaGe/Kinästhetiktrainerin,Einsiedeln sowie Otto Kümin, Sekundarlehrer als Vorstandsmitglieder und verabschiedete nach jahrelanger Vorstandstätigkeit Nga Huynh, Biomedizinische Analytikerin aus Einsiedeln.